Ein Dezem­ber­wochen­ende in La Chaux-de-Fonds - Stiftung Ferien im Baudenkmal

Ein Dezem­ber­wochen­ende in La Chaux-de-Fonds

Text und Bilder: Dominik Gehl

Nachdem wir La Chaux-de-Fonds in den letzten Jahren auf mehreren Tagesausflügen besucht hatten, wollten wir etwas mehr Zeit in dieser interessanten Stadt verbringen. Gegründet im Jahr 1656, entwickelte sie sich zu einem wichtigen Zentrum der Uhrenindustrie. Durch einen Brand 1794 wurde sie teilweise zerstört und nach einem gitterförmigen Straßenplan wieder aufgebaut, der das Bedürfnis der Uhrmacher widerspiegelt. Karl Marx beschrieb sie in «Das Kapital» als eine „riesige Fabrikstadt“. Heute gehört La Chaux-de-Fonds zusammen mit Le Locle zum Unesco-Weltkulturerbe und ist für ihre Jugendstilgebäude bekannt. Zu den berühmten Persönlichkeiten, die in La Chaux-de-Fonds geboren wurden, zählen der 1878 geborene Louis Chevrolet, der 1911 Mitbegründer der Chevrolet Motor Car Company wurde, und der 1887 geborene Charles-Édouard Jeanneret, auch bekannt als Le Corbusier.

Als Familie wollten wir während unserem Aufenthalt in einer Wohnung wohnen und haben über Ferien im Baudenkmal eine schön restaurierte Ferienwohnung gefunden. Zum Glück war sie vor uns nicht belegt, weshalb wir bereits am Samstagvormittag anreisen konnten, um unseren Urlaub zu beginnen!

Samstag

Domaine des Tourelles

Die Domaine des Tourelles wurde 1897 erbaut und hat sich seither kaum verändert. Viele Jahre lang stand das Baudenkmal leer, bis es von den jetzigen Besitzern gekauft wurde, die es mit viel Liebe zum Detail renovierten. Es ist ein schönes Beispiel der historistischen Architektur: das Äußere ist mit kleinen klassischen Skulpturen verziert, die Holzpaneele in den Wohn- und Esszimmern im Stil Henri II. sind eine Neuinterpretation des Barocks und die Deckenfresken sind von italienischen Dekorationen inspiriert.

Und nicht zuletzt ist da noch die lebendige Küche mit ihren bunten Fenstern mit Blick auf La Chaux-de-Fonds.

Zoo du Bois du Petit-Château

Der Zoo befindet sich nur 5 Minuten Fußweg von der Domaine des Tourelles entfernt. Er beherbergt hauptsächlich Säugetiere und Vögel aus Europa, die auf dem Weg der Besserung sind oder nicht wieder in die Natur entlassen werden können. Der Zoo ist auch ein öffentlicher Park und der Eintritt ist frei. Wir hatten viel Spaß dabei, den Steinböcken beim Spielen zuzusehen.

Abend

Den Abend verbrachten wir damit, die in der Wohnung vorhandenen Reiseführer und Flyer durchzusehen, um für den nächsten Tag einen Spaziergang durch die Stadt zu planen.

Sonntag

Nach einem erholsamen Schlaf in dem ruhigen Quartier und in fantastischen Betten waren wir bereit, die Stadt zu erkunden!

Villa Schwob

Die Villa Schwob, auch bekannt als Villa Turque, ist das bekannteste Gebäude von Le Corbusier in La Chaux-de-Fonds. Sie wurde 1912 von dem Uhrmacher Anatole Schwob in Auftrag gegeben und 1916 fertiggestellt.

Temple Saint-Jean

Ursprünglich sollte das Projekt für diese neue Kirche an Le Corbusier gehen, aber da er zu der Zeit mit dem Bau von Chandigarh in Indien beschäftigt war, lehnte er ab und das Projekt ging an einen anderen Architekten aus La Chaux-de-Fonds, namens André Gaillard. Die Kirche mit ihrer Spiralform hat einen sehr expressiven, plastischen Baustil. Der Bau wurde durch die Zusammenarbeit mit Daniel Grataloup möglich, der ein Patent auf die Spritzbetontechnik besaß. Sie wurde 1972 fertiggestellt. 

Anciens Abattoirs

Die ersten Schlachthöfe in La Chaux-de-Fonds wurden im Jahr 1841 eröffnet. Um die Jahrhundertwende, 60 Jahre nach ihrem Bau, hatte sich die Einwohnerzahl der Stadt vervierfacht und die Schlachtzahlen hatten sich versiebenfacht. Daher entschied man sich für den Bau neuer Schlachthöfe und wählte Gustav Albert Uhlmann als Architekten. Im Jahr 1999 stellten die Schlachthöfe ihre Tätigkeit ein, doch seit kurzem nutzt ein Zentrum für zeitgenössische Kunst einen Teil der Räumlichkeiten. 

Flatiron building und Japanischer Garten

Wie eine Reise in andere Kontinente ist es mit diesen beiden Orten: Sieht das Gebäude in der Rue des Regionaux 11 nicht aus wie das berühmte Flatiron-Gebäude in New York ? Und in der Passage des Lessivières gibt es einen japanischen Garten!

Ancien Manège

Im Jahr 1855 vereinigte die Société du Manège rund hundert Personen für den Bau einer Reithalle. Die Manège wurde 1857 eingeweiht. Leider rentierte sie finanziell nicht und wurde 1864 verkauft und in einen Wohnkomplex umgewandelt.

Parc de l’Ouest

Von hier aus geht es zurück zur Domaine des Tourelles mit einem Halt am Parc de l’Ouest mit der Louis Chevrolet-Skulptur von Christian Gonzenbach, die anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Firma Chevrolet geschaffen wurde.

Montag

Nach einem kurzen Besuch in Le Locle vergangenen Sommer, wussten wir, dass wir wieder in diese kleine Stadt zurückkehren wollten, um unsere Tour fortzusetzen.

Hôtel de Ville

Das Rathaus von Le Locle wurde 1917 von dem Veveyer Architekten Charles Gunthert entworfen und 1918 eingeweiht. Es ist ein Gesamtkunstwerk, das die verschiedenen Stile der Neorenaissance, des Heimatstils und des Jugendstils harmonisch vereint. Das Fresko über dem Haupteingang stammt von Ernest Biéler.

Exomusée

Die 2011 gegründete Luxor Factory ist ein gemeinnütziger Verein, der künstlerisches Schaffen als universellen Vektor von Begegnungen und Innovationen betrachtet. Seit 2018 konzentriert sie sich auf urbane Kunst, im Rahmen ihres Freilichtmuseumsprojekts in Le Locle, genannt „exomusée“. Der genaue Standort der Kunstwerke kann hier heruntergeladen werden. Je nachdem, wie viel Zeit Sie an den einzelnen Standorten verbringen, dauert die gesamte Tour zwischen 1 und 2 Stunden. Es war ein Vergnügen, diese Kunstwerke zu entdecken, während wir unterwegs waren.

Am Nachmittag kehrten wir nach La Chaux-de-Fonds zurück, um auch dort weitere Gebäude und Baudenkmäler zu erkunden.

Synagogue of La Chaux-de-Fonds

Die Synagoge von La Chaux-de-Fonds wurde zwischen 1894 und 1896 nach Plänen des Architekten Richard Kuder erbaut. Ihre Kuppel ist 32 m hoch. Sie wird heute von der Gemeinde selten genutzt und ist im Schweizer Inventar der Kulturgüter von nationaler und regionaler Bedeutung aufgeführt.

Crématoire

Das von Robert Belli und Henri Robert entworfene Krematorium von La Chaux-de-Fonds wurde 1909 eingeweiht. Alle dekorativen Arbeiten wurden vom Cours supérieur d’art et décoration unter der Leitung von Charles L’Eplattenier ausgeführt. Es ist ein einzigartiger Ort, an dem Kunst und Spiritualität zusammenkommen.

Dienstag

Theater und Konzerthallen sind immer schöne Orte, nicht nur wegen der Theaterstücke und Konzerte, sondern auch wegen ihres Baustils.

L’Heure bleue

L’Heure bleue ist ein neobarockes Theater im italienischen Stil, das sein ursprüngliches Aussehen bewahrt hat. Es wurde 1837 nach Plänen von Peter Jakob Meinrad Felber erbaut. Mit etwa 500 Plätzen hat es eine sehr intime Atmosphäre. Die Decke ist mit Gemälden der neun Musen und Allegorien geschmückt, gemalt von Georges Och und Chenillon. Es gibt nuch ein weiteres Theater im italienischen Stil in der Schweiz.… wissen Sie wo?

Salle de Musique

Der Salle de Musique wurde von den Architekten René Chapallaz und Hans Bieri entworfen und 1951 erbaut. Er ist berühmt für seine Akustik: Mehr als 450 Aufnahmen für renommierte Musiklabels haben hier stattgefunden. Um nur eine zu nennen: Keith Jarret nahm hier 1991 für das ECM-Label Dimitri Schostakowitschs 24 Préludes & Fugues op.87 auf. Und der chilenische Pianist Claudio Arrau sagte sogar: „Das klanglich schönste Klavier der Welt steht in La Chaux-de-Fonds, in einem entzückenden kleinen Konzertsaal. Dort habe ich meine besten Aufnahmen gemacht“.

Zusätzliche Tipps

Im Laufe des Jahres 2020 waren Museen und andere öffentlich zugängliche Denkmäler mal geschlossen, mal geöffnet… Hier sind ein paar zusätzliche Vorschläge für großartige Orte, an denen Sie vorbeischauen sollten, wenn Sie in der Gegend sind – überprüfen Sie immer die Öffnungszeiten auf den jeweiligen Websites!

Tour Espacité

Ein grossartiger Start für eine Stadttour ist der Ausblick auf La Chaux-de-Fonds aus dem 14. Stockwerk des Turms. In dem befindet sich auch gleich das Tourismusbüro.

Musée international d’horlogerie

Musée des beaux-arts

Musée des beaux-arts du Locle

Musée d’horlogerie du Locle, Château des Monts

P.S. Das zweite Theater im italienischen Stil in der Schweiz steht in Bellinzona.


Dominik Gehl lebt in Lausanne und arbeitet als Software-Ingenieur. Zu seinen Hobbys gehören Architekturreisen und Fotografieren. Auf Instagram postet er täglich unter @dominikgehl.