Ferien in der mittelalterlichen Innerschweiz - Stiftung Ferien im Baudenkmal

Ferien in der mittelalterlichen Innerschweiz

Der innere Kantonsteil von Schwyz verfügt über einen für die Schweiz und weit darüber hinaus einmaligen Bestand an mittelalterlichen Holzbauten. Was in Fachkreisen schon länger bekannt ist, wird in der breiten Öffentlichkeit noch viel zu wenig wahrgenommen. In Morschach besteht bald die Möglichkeit, in einem solchen Mittelalterlichen Blockbau die Ferien zu verbringen.

Dr. Thomas Brunner, Denkmalpfleger des Kantons Schwyz

Als 1987 der Kernbau des Hauses Bethlehem in Schwyz auf das Jahr 1287 datiert werden konnte, galt dies in Fachkreisen als Sensation. Mittlerweile sind im Gebiet zwischen Küssnacht und Schwyz, Steinen und Morschach an die zwanzig Blockbauten aus dem 12. bis 14. Jahrhundert dendrochronologisch nachgewiesen. Einige weitere werden vermutet, sind jedoch nicht untersucht. Die meisten der bislang bekannten Bauten wurden in der Zeit um 1300, genauer zwischen 1280 und 1320, errichtet. Seit 1987 sind sechs dieser Bauten abgebrochen und bauarchäologisch ausführlich dokumentiert worden. Das Haus aus Hinteribach von 1336 wurde 1997 im Freilichtmuseum Ballenberg wieder aufgebaut. Das 2001 an der Hinterdorfstrasse 31 abgebaute Haus Nideröst, das mit einem Kernbau von 1176 als ältestes Holzhaus Europas gilt, wird zurzeit in der Schornen am Morgarten museal rekonstruiert.

Der Bestand an mittelalterlichen Blockbauten im Kanton Schwyz ist einmalig – weit über die Kantons- und Landesgrenzen hinaus. Da bislang keine systematische Inventarisierung im Kanton Schwyz erfolgt ist, bleiben weitere Bauten zu vermuten. So konnten im Herbst 2013 im Schwyzer Dorfbachquartier auf engstem Raum drei Bauten von 1280, 1308 und 1311 mit unterschiedlicher, jedoch erstaunlich gut erhaltener Substanz bauarchäologisch dokumentiert werden.

Das mittelalterliche Haus in Tannen in Morschach

Der Weiler Tannen liegt auf einer Geländeterrasse südlich von Morschach hoch über dem Urnersee. Der alte Saumpfad von Sisikon nach Morschach, der heutige Weg der Schweiz, führt daran vorbei. Das Haus Tannen ist etwas jünger als die Bauten im Talkessel, gehört typologisch jedoch eindeutig zu der Gruppe der mittelalterlichen Innerschweizer Wohnbauten. Gemäss der bauarchäologischen Untersuchung, die 1997 von Studierenden der Universität Zürich und dem Atelier d’archéologie médiéval in Moudon durchgeführt wurde, stammt der Kernbau aus der Zeit um 1341. Dieser Blockbau über einem gemauerten Kellersockel wurde im Laufe der Zeit ergänzt und erneuert. So erhielt er zu einem noch zu bestimmenden Zeitpunkt auf der Nordseite einen Anbau in Blockbautechnik. Die Fenster wurden vergrössert, das Dach erneuert. Dennoch blieben die charakteristischen Elemente der Blockkonstruktion an der Fassade erhalten und sichtbar. Markant treten an der Giebelfassade etwa die gerundeten Einzelvorstösse der Binnenwände hervor. Ein weiteres Leitmotiv des mittelalterlichen Blockbaus in Schwyz zeigt sich im Haus Tannen beispielhaft: Die Boden-Decken-Bohlen des Stubengeschosses, aber auch diejenigen von Kammergeschoss und Dachboden durchstossen typischerweise die Giebelfassade. Ihre Stirnseiten sind sichtbar und zeigen, dass die Bohlen mit einem Falz aneinandergefügt sind. Die Böden des jüngeren Anbaus dagegen wurden bereits mithilfe eines Keil- oder Triebladens versteift.

Einmalig historisches Wohngefühl

Im kleinräumigen Inneren ist die ursprüngliche Raumeinteilung erhalten und gibt einen guten Eindruck in die mittelalterliche Wohnsituation. Der nördliche, wohl neuzeitliche Anbau fügt sich gut in die mittelalterliche Struktur ein. Im Hauptgeschoss stammen Täfer und Kachelofen sowie die Raumeinteilung im rückwärtigen Bereich aus barocker Zeit. Im Kammergeschoss ist die originale Raumeinteilung erhalten. Die vermeintliche Enge des Hauses mit seinen kleinen, niederen Räumen wird jedoch durch Weite, und durch die ruhige und einmalige Lage hoch über dem Urnersee kompensiert.

Das älteste Haus der Stiftung Ferien im Baudenkmal

Es ist ein Glücksfall, dass die heutige Besitzerfamilie sich bereit erklärt, das lange Zeit kaum genutzte Haus als Sommerferienhaus in Zusammenarbeit mit der Stiftung Ferien im Baudenkmal des Schweizer Heimatschutzes zu restaurieren und für Gäste bewohnbar zu machen. Die ausschliessliche Nutzung in der warmen Jahreszeit ermöglicht eine zurückhaltende Dämmung und damit eine weitgehende Schonung der Aussenhülle. Im rückwärtigen Bereich sind die erneuerte Küche und Raum für Bad/WC vorgesehen. Architektonische Lösungsvarianten werden aktuell im Rahmen einer Machbarkeitsstudie erarbeitet. Die Möglichkeit der Nutzung als Ferienhaus, wie sie sich für das Haus Tannen von 1341 ergibt, besteht nicht für jedes mittelalterliche Haus in der Innerschweiz. Die Restaurierung dieses historischen Blockbaus kann jedoch helfen, Möglichkeiten und Wege für den Umgang mit diesem einzigartigen baukulturellen Erbe aufzuzeigen und damit das Bewusstsein und die Sensibilität für das reiche baukulturelle Erbe in der Innerschweiz zu fördern.